Philipp Guttmann, LL. B.

Definitionen: Strafgesetzbuch (StGB)

159 Definitionen und Erklärungen zum StGB
aberratio ictus
Aberratio ictus ist eine Abweichung zwischen anvisiertem und getroffenem Objekt (Fehlgehen des Tatverlaufes). Trifft der Täter ein Objekt, das er nicht anvisiert hatte, ist der Irrtum beachtlich, wenn das getroffene Objekt nicht rechtlich gleichwertig zum anvisierten Objekt ist. Sind die Objekte rechtlich gleichwertig, ist umstritten, ob der Irrtum [1] stets unbeachtlich, [2] unbeachtlich bei vorhersehbarer Abirrung oder [3] jedenfalls bei höchstpersönlichen Rechtsgütern beachtlich sein soll.
Abstiftung
Eine Abstiftung liegt vor, wenn der Haupttäter bestimmt wird, statt der Qualifikation eines Tatbestandes lediglich sein Grundddelikt zu begehen. Sie wird wie eine Beihilfe behandelt.
agent provocateur
Als agent provocateur wird jemand bezeichnet, der einen anderen zu einer Straftat anstiftet, um ihn deretwegen zu überführen. Er macht sich dabei jedenfalls dann nicht der Anstiftung strafbar, wenn sein Vorsatz nicht die Vollendung der Tat umfasst.
Aggressiv­notstand
Der Aggressivnotstand ist ein Rechtfertigungsgrund, der eine Notstandslage, eine Notstandshandlung sowie ein subjektives Rechtfertigungselement voraussetzt. Die Notstandslage liegt bei einer gegenwärtigen beliebigen Gefahr vor. Die Notstandshandlung ist das erforderliche und verhältnismäßige Einwirken auf eine Sache, von der die Gefahr nicht ausgeht. Verhältnismäßig ist das Einwirken, wenn das geschützte Rechtsgut dem beeinträchtigten wesentlich überwiegt. Als Sonderregelung geht der Aggressivnotstand dem rechtfertigenden Notstand vor.
angemessen (Notstand)
Angemessenheit ist die Einschränkung des rechtfertigenden Notstands. Angemessen ist der Eingriff in fremde Rechtsgüter bei einem Notstand möglicherweise nicht beim Nötigungsnotstand, bei zwanghaften Blutspenden, bei symmetrischer Verteilung von Rettungschancen (Weichenstellerfall) oder bei asymmetrischer Verteilung von Rettungschancen (Flugzeugabschussfall / Bergsteigerfall). Ein nicht angemessener Notstand ist rechtswidrig.
Angriff (Notwehr)
Ein Angriff ist jede durch menschliches Verhalten (bei besonderer Rechtspflicht auch: Unterlassen) drohende Verletzung von rechtlich geschützten Gütern oder Interessen. Auch von Menschen eingesetzte Tiere zählen zu einem Angriff im Sinne der Notwehr, ansonsten gilt § 228 BGB.
Anstiftung (Anstifter) / zur Tat bestimmen
Anstiftung ist eine Form der Teilnahme. Zur Haupttat bestimmen (anstiften) meint [1] die Verursachung des Tatentschlusses, [2] eine kommunikative Beeinflussung des Täters durch den Anstifter oder [3] ein unmittelbar aufforderndes Einwirken auf den Willen des Täters (kollusives Zusammenwirken). Siehe auch: Umstiftung, Aufstiftung, Abstiftung, Kettenanstiftung Der Anstifter muss in seinem Vorsatz die Haupttat in ihrem wesentlichen Umriss erfasst haben. Hierzu muss er [1] das konkret-individuelles Geschehen erkennen können oder [2] die wesentlichen Dimensionen des Unrechts erfassen. Ein Anstiften zur Beihilfe wird wie eine Beihilfe behandelt.
antizipierter Rücktritt
Unter einem antizipierten Rücktritt versteht man eine Tat, bei der von den Tatbeteiligten von vornherein geplant ist, entsprechende Rettungsmaßnahmen einzuleiten. Es ist umstritten, ob [1] der Täter von einer solchen Tat zurücktreten kann oder [2] es sich bei bereits vorher eingeleiteten Rettungsmaßnahmen nicht um eine Verhinderung der Tat im Sinne des § 24 I 1 Var. 2 StGB handelt.
anvertraut
Anvertraut ist eine Sache, die dem Täter mit der Maßgabe überlassen wird, mit ihr im Interesse oder nach Weisung des Eigentümers zu verfahren oder sie dem Eigentümer zurückzugeben.
auf frischer Tat betroffen
Auf frischer Tat betroffen ist der Täter, wenn er in Tatortnähe oder alsbald nach Tatausführung sinnlich wahrgenommen wird (tatsächliche Entdeckung bzw. raumzeitliches Zusammentreffen).
aufgedrängte Nothilfe
Aufgedrängte Nothilfe ist eine Nothilfe zur Verteidigung eines Dritten gegen dessen Willen. Diese Verteidigung gegen den Angreifer [1] ist auch bei entgegenstehenden Willen des Angegriffenen gerechtfertigt, solange dieser nicht bereits auf den Verzicht seines Rechtsguts eingewilligt hat, oder [2] ist nur mit tatsächlicher oder mutmaßlicher Einwilligung des Angegriffenen möglich sowie zur Abwehr eines tödlichen Angriffs.
Aufstiftung
Eine Aufstiftung liegt vor, wenn der Anstifter den Haupttäter bestimmt, statt des Grunddelikts eine Qualifikation zu begehen. Dies stellt [1] stets eine Anstiftung zur Qualifikation dar oder [2] es wird nach dem analytischen Trennungsprinzip entschieden, wonach zu Qualifikationen mit eigenständigem Tatbestand Anstiftung und zur Qualifikation selbst Beihilfe vorliegt.
ausdrückliches und ernstliches Verlangen
Ein ausdrückliches und ernstliches Verlangen ist ein Bestimmen zur Tat, das von einem eindeutigen, willensmängelfreien und zielbewussten freien Willen des Opfers getragen wird.
Bande
Eine Bande ist die Verbindung von mindestens drei Personen zur wiederholten Begehung von Straftaten. Mitwirkung in einer Bande ist ein irgendwie geartetes Mitwirken eines anderen Bandenmitglieds.
beendeter Versuch
Ein beendeter Versuch liegt vor, wenn der Täter glaubt, alles Nötige zur Tatbestandsverwirklichung getan zu haben. Beim Unterlassungsdelikt ist der Versuch beendet, wenn nach der Vorstellung des Täters das Nachholen der ursprünglich gebotenen Handlung nicht mehr ausreicht, den Erfolg abzuwenden.
befriedetes Besitztum
Ein befriedetes Besitztum ist ein gegen das Betreten durch zusammenhängende, nicht notwendig lückenlose Schutzwehren gesichertes Grundstück.
Befugnis missbrauchen
Der Täter missbraucht seine Vermögensbefugnis, wenn er unter Einhaltung des rechtlichen Könnens (Außenverhältnis) sein rechtlichen Dürfen (Innenverhältnis) überschreitet.
behaupten
Behaupten meint eine nach der eigenen Überzeugung richtig hingestellte Äußerung einer Tatsache.
bei sich führen
Eine Waffe, ein Werkzeug oder ein Mittel wird bei sich geführt, wenn es der Täter zwischen Versuchsbeginn und Vollendung bzw. Beendigung bewusst gebrauchsbereit bei sich hat bzw. bei der Tatausführung ergreift.
Beihilfe (Gehilfe) / Hilfe leisten
Beihilfe ist eine Form der Teilnahme. Hilfe leisten umfasst sowohl physische als auch psychische Beihilfe. Der Gehilfenbeitrag muss die Haupttat [1] in irgendeiner Weise fördern, [2] mitverursachen oder [3] das Risiko für das angegriffene Rechtsgut erhöhen. Psychische Beihilfe kann bereits in der Bestärkung des Tatentschlusses des Haupttäters liegen. Der Gehilfe muss für seinen Vorsatz lediglich den wesentlichen Unrechtsgehalt der Haupttat erfasst haben. Siehe auch: neutrale Beihilfe
Berg­steigerfall / asymmetrische Rettungs­chancen
Der Bergsteigerfall wird im Rahmen der Angemessenheit des rechtfertigenden Notstands diskutiert und beschreibt einen Fall asymmetrischer Rettungschancen, bei dem die Rettungschancen einseitig verteilt sind, weil der eine Gefährdete ohnehin später sterben würde, während nur der andere Gefährdete eine Chance zu überleben hat. Derjenige, der den Todgeweihten tötet, ist [1] nach § 34 StGB gerechtfertigt oder [2] aufgrund einer unzulässigen Quantifizierung von Menschenleben sowie einer Verdinglichung und Entrechtung von Menschen (Verletzung der Menschenwürde) nicht gerechtfertigt.
beschädigen
Beschädigen ist eine nicht ganz unerhebliche Verletzung der Substanz oder Beeinträchtigung der Funktion einer Sache.
Beschützer­garant (Obhuts­pflichten)
Der Beschützergarant hat gegenüber Dritten die Pflicht, sie vor der Welt zu beschützen (Obhutspflichten). Obhutspflichten erstrecken sich über (effektive) Familiengemeinschaften sowie Lebensgemeinschaften und Gefahrengemeinschaften. Beschützergarant kann jemand auch durch die Übernahme von Schutzpflichten sowie aufgrund einer Stellung als Organ, Amtsträger oder Beamter werden.
beweis­erhebliche Daten
Beweiserhebliche Daten sind kodierte Informationen, welche eine Gedankenerklärung darstellen, die einen Aussteller erkennen lässt (Garantiefunktion) und die geeignet und bestimmt ist, im Rechtsverkehr rechtserhebliche Tatsachen zu beweisen (Beweisfunktion). Sie ist jedoch visuell nicht unmittelbar wahrnehmbar, hat also im Gegensatz zur Urkunde keine stoffliche Verkörperung (Perpetuierungsfunktion).
dauernd entstellt
Das Opfer ist in erheblicher Weise dauernd entstellt, wenn durch eine gravierende Veränderung der äußeren Gesamterscheinung in ihrer ästhetischen Wirkung endgültig oder für einen unbestimmt langen Zeitraum starke psychische Nachteile im Verkehr mit der Umwelt zu erwarten sind.
Defensiv­notstand
Der Defensivnotstand ist ein Rechtfertigungsgrund, der eine Notstandslage, eine Notstandshandlung sowie ein subjektives Rechtfertigungselement voraussetzt. Die Notstandslage liegt bei einer gegenwärtigen Gefahr vor, die von einer Sache oder einem Tier ausgeht. Die Notstandshandlung ist das erforderliche und verhältnismäßige Zerstören oder Beschädigen dieser Sache / dieses Tieres. Verhältnismäßig ist das Zerstören oder Beschädigen, wenn das geschützte Rechtsgut nicht weniger wert ist als das beeinträchtigte. Als Sonderregelung geht der Defensivnotstand dem rechtfertigenden Notstand vor.
der Freiheit berauben (Freiheits­beraubung)
Der Täter beraubt jemanden der Freiheit, wenn er die Möglichkeit des Opfers, sich nach seinem Willen fortzubewegen und den Aufenthaltsort zu verändern, jedenfalls vorübergehend aufhebt.
Dispositions­befugnis
Die Dispositionsbefugnis ist eine objektive Voraussetzung der Einwilligung. Der Einwilligende hat die Dispositionsbefugnis, wenn er Rechtsgutinhaber (oder ein ihn Vertretender) ist und das in Frage stehende Rechtsgut disponibel ist. Disponibel sind alle Individualrechtsgüter mit Ausnahme des Lebens.
dolus directus I (Absicht)
Dolus directus I ist eine Vorsatzform, bei der es dem Täter gerade darauf ankommt, den Erfolg herbeizuführen oder einen bestimmten Umstand zu verwirklichen (zielgerichtetes, absichtliches Handeln). Dabei muss er jedoch die Verwirklichung des Tatbestandes wenigstens für möglich halten.
dolus directus II (direkter Vorsatz)
Dolus directus II ist eine Vorsatzform, bei welcher der Täter weiß oder als sicher voraus sieht, dass er den gesetzlichen Tatbestand verwirklicht (wissentliches Handeln).
dolus eventualis (Eventual­vorsatz, bedingter Vorsatz)
Dolus eventualis ist eine Vorsatzform, bei welcher der Täter die (Gefahr der) Verwirklichung des Tatbestandes für konkret möglich oder wahrscheinlich halten muss (kognitives Element) und ggf. den Erfolg des Tatbestandes billigend in Kauf nehmen oder gleichgültig hinnehmen muss (voluntatives Element). Der bedingte Vorsatz ist ausgeschlossen, wenn der Täter darauf vertraut bzw. hofft, dass der Erfolg ausbleiben werde.
Drohung
Drohung ist das Inaussichtstellen eines Übels, auf dessen Eintritt der Täter Einfluss zu haben vorgibt, um einen bestimmten Nötigungserfolg zu erreichen. Siehe auch: empfindliches Übel
Ehre
Ehre ist das dem Menschen zukommende subjektive Ehrgefühl (innere Ehre) und seine darauf beruhende Geltung innerhalb der Gesellschaft (äußere Ehre, guter Ruf).
ein­geschränkte Schuld­theorie (Erlaubnis­tatbestands­irrtum)
Die eingeschränkte Schuldtheorie zum Erlaubnistatbestandsirrtum spaltet sich in die Vorsatzschuld verneinende und die Vorsatzunrecht verneinende Theorie. Nach der Vorsatzschuld verneinenden Theorie (auch rechtsfolgenverweisende Schuldtheorie) richtet sich die Rechtsfolge des Irrtums nach § 16 I StGB analog, wonach der Täter bei beachtlichem Irrtum zwar für sein Verhalten entschuldigt ist (keine „Vorsatzschuld“), sein Vorsatz jedoch nicht entfällt. Nach der Vorsatzunrecht verneinenden Theorie hingegen soll der Vorsatz entfallen. Siehe auch: modifizierte Vorsatztheorie, strenge Schuldtheorie
Ein­verständnis
Das Einverständnis ist das Einverstandensein mit der Verletzung eines Rechtsguts und schließt die Tatbestandsmäßigkeit eines Delikts aus. Der Rechtsgutsinhaber kann mit seinem Einverständnis den objektiven Tatbestand nur derjenigen Delikte ausschließen, deren Verwirklichung ohne oder gegen den Willen des Betroffenen möglich ist (etwa Wegnahme einer Sache, Eindringen in eine Räumlichkeit). Das Einverständnis erfordert eine natürliche Willensfähigkeit und einen innerlich freien Willensentschluss. Vgl. auch: (rechtfertigende) Einwilligung
einbrechen
Einbrechen ist das gewaltsame Öffnen von Umschließungen, die dem Eintritt in den geschützten Raum entgegenstehen, unter Anwendung nicht unerheblicher Anstrengungen.
eindringen
Eindringen ist das Gelangen mit zumindest einem Teil des Körpers in eine Räumlichkeit (Betreten) ohne bzw. gegen den Willen des Hausrechtsinhabers. Das Einverständnis zum Eindringen kann dieses objektive Tatbestandsmerkmal ausschließen.
Einsichts- und Urteils­fähigkeit
Jemand ist einsichts- und urteilsfähig, wenn er nach seiner geistigen und sittlichen Reife imstande ist, Bedeutung und Tragweite seines Handelns zu erkennen und sachgerecht zu beurteilen; es kommt insofern auf das Verständnis an.
einsteigen
Einsteigen ist das Betreten eines geschützten Raums durch Überwindung der den Zugang erschwerenden Hindernisse unter Entfaltung einer gewissen Geschicklichkeit oder Kraft.
Einwilligung
Im Zivilrecht (BGB): Eine Einwilligung nach § 183 BGB ist eine Form der Zustimmung vor dem Abschluss eines Rechtsgeschäfts. Sie kann grundsätzlich bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts widerrufen werden (§ 183 S. 1 BGB). Für Verfügungen eines Nichtberechtigten gilt § 185 I BGB. Im Strafrecht (StGB): Eine Einwilligung ist ein Rechtfertigungsgrund, der den Verzicht auf ein disponibles Rechtsgut beinhaltet. Siehe: rechtfertigende Einwilligung, konkludente Einwilligung, hypothetische Einwilligung
empfindliches Übel
Ein empfindliches Übel ist jede über bloße Unannehmlichkeiten hinausgehende Einbuße an Werten bzw. Zufügung von Nachteilen, die geeignet ist, einen besonnenen Menschen zu dem mit der Drohung erstrebten Verhalten zu bestimmen.
ent­schuldi­gender Notstand
Der entschuldigende Notstand ist ein Entschuldigungsgrund, bei dem der Täter die Grenzen des rechtfertigenden Notstands überschreitet. Er setzt eine Notstandslage, eine Notstandshandlung sowie ein subjektives Element (jedenfalls Kenntnis der Notstandslage) voraus. Die Notstandslage liegt bei einer gegenwärtigen Gefahr für Leben, Leib oder (Fortbewegungs-)Freiheit für sich, Angehörige oder andere nahestehende Personen vor. Die Notstandshandlung ist der erforderliche Eingriff in fremde Rechtsgüter. Wer Angehöriger ist, ergibt sich aus § 11 I Nr. 1 StGB. Nahestehende Personen sind solche, deren Gefährdung für den Täter eine starke seelische Zwangslage bewirken kann. Eingeschränkt werden kann der entschuldigende Notstand durch:
  • krasses Missverhältnis (unerhebliche Gefahr)
  • Herbeiführung der Notstandslage durch den Täter
  • Gefahrtragungspflicht durch besonderes Rechtsverhältnis
  • Gefahrtragungspflicht bei Gefahrengemeinschaften
entführen
Entführen ist die Herbeiführung einer Ortsveränderung gegen oder ohne den Willen des Opfers.
erforderlich
Erforderlich ist eine Handlung, wenn sie - in einer objektiven ex-ante-Betrachtung - geeignet ist und unter den zur Verfügung stehenden Mitteln das mildeste darstellt (relativ mildestes Mittel), um die Gefahr / den Angriff abzuwenden. Bei Notwehr: Das Maß der Erforderlichkeit wird durch die Intensität des Angriffs bestimmt. Geeignet ist die Verteidigungshandlung, wenn sie den Angriff in seiner konkreten Gestalt zumindest erschwert. Relativ mildestes Mittel ist dasjenige, welches unter gleich wirksamen Mittel den geringsten Schaden anrichtet. Bei rechtfertigenden Notstand: Ausweichen oder die Inanspruchnahme erreichbarer staatlicher Hilfe ist vorrangig. Es gilt den Eingriff in fremde Rechtsgüter so minimal wie möglich zu halten und vorrangig eigene Mittel zur Gefahrbeseitigung zu nutzen. Bei entschuldigenden Notstand: Die Notstandshandlung des § 35 StGB muss als ultima ratio den einzigen und letzten Ausweg aus der Notstandslage mit einer nicht ganz unwahrscheinlichen Rettungsmöglichkeit darstellen. Vorrangig ist die Inanspruchnahme der Hilfe Dritter. Jedenfalls, wenn der eigene sichere Tod droht, ist das Handeln des Täters erforderlich.
Erlaubnis­tatbestands­irrtum
Ein Erlaubnistatbestandsirrtum liegt vor, wenn sich der Täter irrtümlich Tatumstände vorstellt, deretwegen er glaubt, sein Verhalten sei gerechtfertigt/erlaubt. Die Bewertung des Erlaubnistatbestandsirrtums ist sehr umstritten und umfasst folgende Ansichten: modifizierte Vorsatztheorie, strenge Schuldtheorie, eingeschränkte Schuldtheorie
ernsthaft bemühen (Rücktritt)
Der Täter bemüht sich ernsthaft, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn er sein Bemühen selbst für geeignet hält, den Erfolgseintritt abzuwenden.
error in persona vel objecto
Error in persona vel objecto ist eine Abweichung zwischen vorgestelltem und anvisiertem/getroffenem Objekt (Verwechselung). Trifft der Täter ein anvisiertes Objekt, über dessen Identität er irrt, ist der Irrtum unbeachtlich, wenn das getroffene Objekt dem vorgestellten (erwarteten) rechtlich gleichwertig ist. Sind die Objekte nicht rechtlich gleichwertig, ist der Irrtum beachtlich.
Fahrlässigkeit (sorgfaltswidrig)
Fahrlässig (sorgfaltswidrig) handelt, wer nicht die Sorgfalt angewendet hat, die von einem besonnenen und gewissenhaften Menschen in der konkreten Lage und sozialen Rolle des Täters zu erwarten ist. Vgl. § 276 II BGB. Bei sorgfaltswidrigem Unterlassen kann sich die Fahrlässigkeit insbesondere aus der fehlerhaften Vornahme der Rettungshandlung, dem Verkennen der Garantenstellung oder von Rettungsmöglichkeiten ergeben.
fahruntüchtig
Der Fahrzeugführer ist nicht in der Lage, sein Fahrzeug sicher zu führen (fahruntüchtig), wenn seine Gesamtleistungsfähigkeit so weit herabgesetzt ist, dass er nicht mehr fähig ist, sein Fahrzeug im Verkehr eine längere Strecke auch bei Auftreten schwieriger Verkehrslagen sicher zu steuern.
falsche Aussage
Eine falsche Aussage ist eine Äußerung, die [1] nicht mit der objektiven Wirklichkeit übereinstimmt (objektive Theorie), [2] nicht mit der subjektiven Erinnerung oder dem Wissen des Täters übereinstimmt (subjektive Theorie) oder [3] das vom Aussagenden reproduzierbare Erlebnisbild zur Sache nicht vollständig und objektiv richtig wiedergibt (Pflichttheorie).
fehl­geschlagener Versuch
Ein fehlgeschlagener Versuch liegt vor, wenn der Täter den Taterfolg mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht mehr oder nicht ohne zeitliche Zäsur herbeiführen kann. Der Rücktritt ist bei einem fehlgeschlagenen Versuch ausgeschlossen.
freiwillig (Rücktritt)
Der Rücktritt ist freiwillig, wenn sich der Täter [1] durch seelischen Druck und nicht durch eine äußere Zwangslage, [2] aus autonomen und nicht aus heteronomen Motiven oder [3] entgegen der Verbrechervernunft entscheidet, die weitere Ausführung der Tat aufzugeben oder sie zu verhindern.
Garant / Handlungs­pflichten
Eine Garantenstellung ist die Rechtspflicht des Unterlassenden zu einer Handlung, die aus Gesetz, Vertrag, Ingerenz (vorangegangenes gefährdendes Tun) sowie durch enge Lebensbeziehungen entstehen kann. Man unterscheidet Beschützergaranten und Überwachergaranten.
geboten (Notwehr)
Gebotenheit ist die Einschränkung der Notwehr. Geboten ist die Verteidigung durch Notwehr möglicherweise nicht, wenn der Verteidiger den Angriff veranlasst hat (Notwehrprovokation), der Angriff von Kindern, Geisteskranken und schuldlos Irrenden ausgeht, ein krasses Missverhältnis vorliegt oder der Angreifer dem Verteidiger nahesteht. In solchen Fällen ist der Verteidiger meist auf Schutzwehr statt Trutzwehr beschränkt. Eine nicht gebotene Notwehr ist rechtswidrig.
Gefahr
Gefahr für ein Rechtsgut besteht, wenn seine Verletzung durch Eintritt eines Schadens droht (Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts). Bei rechtfertigenden Notstand: Es wird eine ex-ante-Betrachtung mit Berücksichtigung des Sonderwissens des Notstandstäters vorgenommen. Umfasst sind auch Dauergefahren, die jederzeit in eine Rechtsgutsbeeinträchtigung umschlagen können. Die Gefahr kann auch von einem Menschen ausgehen. Bei entschuldigenden Notstand: Es ist auch der Nötigungsnotstand umfasst.
gefährliches Werkzeug bei § 224
Ein gefährliches Werkzeug ist ein beweglicher Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung konkret geeignet ist, erhebliche körperliche Verletzungen hervorzurufen. Siehe auch: Definition bei §§ 244, 250 StGB
gefährliches Werkzeug bei §§ 244, 250
Ein gefährliches Werkzeug ist ein Gegenstand, dessen typische, bestimmungsgemäße Anwendung geeignet ist, körperliche Misshandlungen oder Gesundheitsschäden herbeizuführen, solange dies keine offensichtliche Zweckentfremdung wäre. Siehe auch: Definition bei § 224 StGB
gegenwärtig
Gegenwärtig ist ein Angriff / eine Gefahr, der/die unmittelbar bevorsteht, gerade begonnen hat oder noch andauert (noch nicht beendet ist). Bei rechtfertigenden Notstand: Gegenwärtig ist die Gefahr, wenn die Weiterentwicklung eines Zustands den Eintritt oder die Intensivierung eines Schadens ernstlich befürchten lässt. Dauergefahren sind gegenwärtig, wenn sie so dringend sind, dass sie nur durch unverzügliches Handeln wirksam abgewendet werden können. Bei entschuldigenden Notstand: Gegenwärtig ist die Gefahr, wenn der Eintritt der Schädigung sicher oder höchstwahrscheinlich ist, sollten nicht rechtzeitig Abwehrmaßnahmen ergriffen werden.
gemeine Gefahr
Eine gemeine Gefahr ist ein Zustand, bei dem eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben für unbestimmt viele Personen oder erhebliche Sachwerte besteht. Konkret ist die Gefahr, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft mit dem Eintritt eines Schadens gerechnet werden muss.
gemeingefährliche Mittel
Gemeingefährliche Mittel sind solche, deren konkrete Anwendung eine Gefahr für unbestimmt viele Personen mit sich bringt und die nicht beherrschbar sind.
gemeinschaftlich
Gemeinschaftlich ist eine Tatbegehung, wenn mindestens zwei Personen zusammenwirken.
Geschäftsraum
Geschäftsräume sind abgeschlossene Räume, die zum Betrieb irgendwelcher Geschäfte (etwa gewerblicher, wissenschaftlicher oder künstlerischer Art) für eine gewisse Zeit oder auf Dauer bestimmt sind.
Gesundheits­schädigung
Eine Gesundheitsschädigung ist jede Herbeiführung oder Steigerung eines pathologischen Zustands physischer und psychischer Art.
gesundheits­schädliche Stoffe
Gesundheitsschädliche Stoffe sind solche, die mechanisch oder thermisch wirken sowie Bakterien und sonstige Krankheitserreger (soweit sie nicht zu Giften zählen), die geeignet sind, die Gesundheit zu schädigen.
Gewahrsam
Gewahrsam ist die nach sozialer Anschauung zu bestimmende von einem natürlichen Herrschaftswillen getragene tatsächliche Herrschaft über eine Sache.
Gewalt
Gewalt ist der körperlich wirkende Zwang durch unmittelbare oder mittelbare Einwirkung zur Überwindung eines geleisteten oder Verhinderung eines erwarteten Widerstandes.
gewerbsmäßig
Gewerbsmäßig handelt, wer die Absicht hat, sich durch wiederholte Begehung eine Einnahmequelle von einer gewissen Dauer und Erheblichkeit zu schaffen.
Gift
Gift ist ein organischer oder anorganischer Stoff, der unter bestimmten Bedingungen durch seine chemische oder chemisch-physikalische Wirkung die Gesundheit zu schädigen vermag.
grausam
Grausam ist die Zufügung von Schmerzen oder Qualen körperlicher oder seelischer Art aus gefühlloser, unbarmherziger Gesinnung, die nach Stärke oder Dauer über das für die Tötung erforderliche Maß hinausgehen.
Habgier
Habgier ist das gesteigerte abstoßende Gewinnstreben um jeden Preis, auch um den eines Menschenlebens. Es muss tatbeherrschendes Motiv sein.
Handlung
Eine Handlung ist die vom Willen getragene Körperbewegung des Tatsubjektes (Täter) gegen ein Tatobjekt, wozu auch Affekthandlungen und durch ständige Wiederholung entstandene Automatismen gehören. Keine Handlungen sind etwa Bewegungen im Zustand der Bewusstlosigkeit, im Schlaf, bei Krämpfen oder Reflexbewegungen.
heimtückisch
Heimtücke ist das bewusste Ausnutzen der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers, wenn es sich also keines Angriffs versieht (arglos) und aufgrund dessen nur reduzierte Verteidigungsmöglichkeiten hat (wehrlos). Darüber hinaus wird zum Teil eine [1] feindselige Willensrichtung und/oder ein [2] verwerflicher Vertrauensbruch gefordert.
hilflose Lage
Eine hilflose Lage ist eine Situation, in der sich das Opfer nicht selbst vor der Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung zu schützen oder zu helfen vermag.
hinterlistig
Ein hinterlistiger Überfall ist ein unvorhergesehener Angriff in einer planmäßigen, auf Verdeckung der wahren Absicht berechneten Weise (List).
hypothetische Einwilligung
Unter dem Begriff der hypothetischen Einwilligung werden Fälle der Heilbehandlung diskutiert, bei welcher der Einwilligende zwar mangels ordnungsgemäßer Aufklärung nicht wirksam eingewilligt hat, jedoch bei hinreichender Aufklärung wohl eingewilligt hätte. Dann [1] ist die vorgenommene Heilbehandlung zwar rechtswidrig, jedoch nicht dem Tatbestand der Körperverletzung zuzurechnen, [2] entfällt die Rechtswidrigkeit, wenn der Patient bei wahrheitsgemäßer Aufklärung in die Operation eingewilligt hätte oder [3] ist der Aufklärungsmangel nur irrelevant, wenn eine Einwilligung auch bei vollständiger Aufklärung mit Sicherheit erteilt worden wäre.
in Brand setzen
Ein Tatobjekt ist in Brand gesetzt, wenn zumindest Teile von ihm vom Feuer so erfasst werden, dass es aus eigener Kraft (ohne Fortwirken des Zündstoffs) weiter brennt.
Irrtum
Im Strafrecht (StGB): Ein Irrtum ist das Auseinanderfallen der Vorstellung des Getäuschten (auch in Form eines sachgedanklichen Mitbewusstseins) mit der wirklichen Sachlage, wobei der Täter die Richtigkeit seiner Vorstellung wenigstens für möglich halten muss. Im Zivilrecht (BGB): Ein Irrtum ist die unbewusste Unkenntnis vom wirklichen Sachverhalt. Nicht dazu zählen Fälle von falsa demonstratio non nocet. Taugliche Anfechtungsgründe sind der Inhaltsirrtum (§ 119 I Var. 1 BGB), der Erklärungsirrtum (§ 119 I Var. 2 BGB) und der Eigenschaftsirrtum (§ 119 II BGB). Darüber hinaus gibt es Motivirrtümer wie den Rechtsfolgenirrtum und den Kalkulationsirrtum, die bei arglistiger Täuschung (§ 123 I Var. 1 BGB) immer und im Rahmen des § 119 BGB nur unter Gewissen Voraussetzungen für die Anfechtung einschlägig sind.
Kausalität (Äquivalenz­theorie)
Kausal (ursächlich) ist jedes Handeln, das nicht hinweeggedacht (bei Unterlassen: hinzugedacht) werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele (Äquivalenztheorie - conditio sine qua non).
Ketten­anstiftung
Als Kettenanstiftung wird eine Anstiftung zur Anstiftung bezeichnet. Sie wird wie eine gewöhnliche Anstiftung behandelt.
konkludente Einwilligung
Die konkludente Einwilligung ist ein Rechtfertigungsgrund, der im Gegensatz zur rechtfertigenden Einwilligung den mutmaßlichen Willen des Rechtsgutsträgers (ex ante) voraussetzt, für den seine individuellen Interessen, Wünsche und Wertvorstellungen zu berücksichtigen sind. Nicht infrage kommt der mutmaßliche Wille, wenn der Rechtsgutsträger bereits einen entgegenstehenden geäußert hat. Subjektiv wird vorausgesetzt, dass der Täter im Interesse des Rechtsgutsträgers handelt.
körperliche Misshandlung
Eine körperliche Misshandlung ist eine üble und unangemessene Behandlung, durch die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird.
Lähmung
Eine Lähmung ist die erhebliche Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Bewegungsfähigkeit eines Körperteils.
Leben gefährdende Behandlung
Eine das Leben gefährdende Behandlung ist eine Begehungsweise, die objektiv-generell geeignet ist, das Opfer in Lebensgefahr zu bringen.
limitierte Akzessorietät
Unter limitierter Akzessorietät versteht man die in § 28 StGB geregelten Ausnahmen der Akzessorietät des Teilnehmers von der Haupttat im Falle besonderer persönlicher täterbezogener Merkmale. Fehlen beim Teilnehmer strafbegründende Merkmale, so werden sie ihm bei Kenntnis zugerechnet, seine Strafe ist aber zu mildern (§ 28 I StGB). Strafmodifizierende Merkmale finden nur bei dem Teilnehmer Anwendung, bei dem sie selbst vorliegen (§ 28 I StGB). Die limitierte Akzessorietät ist insbesondere relevant für die Teilnahme am Mord (§ 211 StGB), bei dem Rechtsprechung und Literatur darüber streiten, ob er ein eigener Tatbestand oder eine Qualifikation ist.
Mittäterschaft
Mittäterschaft im Sinne des § 25 II StGB ist die gemeinschaftliche Begehung einer Straftat durch bewusstes und gewolltes Zusammenwirken, bei der jeder Beteiligte einen eigenen Tatbeitrag leisten muss. Nach der [1] subjektiven Theorie soll der Beitrag des Beteiligten nach seinem Willen Teil einer gemeinschaftlichen Tätigkeit sein, bei der er als gleichberechtigter Partner mitwirkt, während nach der [2] Tatherrschaftslehre jeder einzelne Beteiligte (gemeinsame) Tatherrschaft haben muss, wofür die Beteiligten aufgrund eines gemeinsamen Tatplans arbeitsteilig zusammenwirken müssen. Subjektiv ist gemeinsamer Tatentschluss erforderlich.
mittelbare Täterschaft
Mittelbarer Täter im Sinne des § 25 I Var. 2 StGB ist, wer als Hintermann gegenüber dem Tatmittler („Werkzeug“) eine beherrschende Rolle spielt, weil er die Sachlage richtig erfasst und das Gesamtgeschehen kraft seines planvoll gelenkten Willens in der Hand hält. Die Zurechnung der Tathandlung des Tatmittlers erfolgt kraft überlegenen Wollens, kraft überlegenen Wissens oder ggf. kraft organisatorischen Machtapparates. Wie bei jeder Täterschaft ist aus subjektiver Seite Tatherrschaftswille bzw. Täterwille erforderlich. Eine mittelbare Täterschaft liegt jedenfalls dann vor, wenn das Werkzeug rechtmäßig, ohne Vorsatz oder objektiv tatbestandslos handelt.
modifizierte Vorsatz­theorie (Erlaubnis­tatbestands­irrtum)
Nach der modifizierten Vorsatztheorie lässt der Erlaubnistatbestandsirrtum den Vorsatz nach § 16 I StGB entfallen, wenn sich der Täter nicht der Sozialschädlichkeit seines Verhaltens bewusst ist. Siehe auch: strenge Schuldtheorie, eingeschränkte Schuldtheorie
Mordlust
Der Täter handelt aus Mordlust, wenn die Tötung des Opfers der einzige Zweck der Tat ist.
neutrale Beihilfe
Unter neutraler Beihilfe versteht man ein Hilfeleisten ohne oder mit schwach ausgeprägtem voluntativen Element. Hält es der Hilfeleistende nur für möglich, dass sein Beitrag für eine Straftat genutzt wird, scheidet Beihilfe aus. Hat er hingegen sicheres Wissen, liegt Beihilfe vor. Hält sich der Betreffende im Rahmen des Geschäftsüblichen und bewegt sich professionell adäquat, wird das Hilfeleisten nicht als Beihilfe angesehen.
niedrige Beweggründe
Niedrige Beweggründe sind sittlich auf tiefster Stufe stehende, besonders verachtenswerte Motive.
Nötigungs­notstand
Der Nötigungsnotstand wird im Rahmen der Angemessenheit in Konstellationen diskutiert, in denen der Täter zu einer Straftat gezwungen wurde. Dann ist [1] der Täter nicht durch den Notstand (§ 34 StGB) gerechtfertigt, sondern allenfalls nach § 35 StGB entschuldigt, [2] § 34 StGB auch bei einem Genötigten anwendbar und führt zu seiner Rechtfertigung oder [3] § 34 StGB nur anzuwenden, wenn im Vergleich zu dem angedrohten Übel von dem Genötigten nur eine geringfügige Rechtsgutsverletzung herbeizuführen ist.
Notwehr / Nothilfe
Die Notwehr ist ein Rechtfertigungsgrund, der eine Notwehrlage, eine Notwehrhandlung sowie ein subjektives Rechtfertigungselement voraussetzt. Eine Notwehrlage ist ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff auf die Rechtsgüter des Täters (Notwehr) oder eines Dritten (Nothilfe). Eine Notwehrhandlung ist die erforderliche und gebotene Verteidigung gegen die Rechtsgüter des Angreifers. Das subjektive Rechtfertigungselement bei der Notwehr erfordert [1] lediglich Kenntnis des Täters von der Notwehrsituation, [2] dass die Verteidigung das Hauptmotiv des Täters sein muss (Verteidigungswille) oder [3] dass das Motiv der Verteidigung nicht völlig in den Hintergrund gedrängt wird.
Notwehr­exzess (Überschreitung der Notwehr)
Der Notwehrexzess ist ein Entschuldigungsgrund, bei dem der Täter die Grenzen der Notwehr überschreitet. Intensiver Notwehrexzess: Überschreitet der Täter (Verteidiger) bei bestehender Notwehrlage die Grenzen der Notwehr hinsichtlich der Erforderlichkeit aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken, so ist er nach § 33 StGB entschuldigt. Extensiver Notwehrexzess: Verteidigt sich der Täter, obwohl der Angriff noch nicht oder nicht mehr gegenwärtig ist und somit keine Notwehrlage besteht, so ist der Täter nach § 33 StGB [1] entschuldigt, [2] nicht entschuldigt oder [3] nur beim nicht mehr gegenwärtigen (nachzeitigen) extensiven Exzess entschuldigt. § 33 StGB findet keine Anwendung bei Absichtsprovokation. Siehe auch: Putativnotwehrexzess
Notwehr­provokation
Notwehrprovokation kann die Notwehr im Rahmen der Gebotenheit einschränken. Von Notwehrprovokation wird gesprochen, wenn der Verteidiger den Angriff veranlasst hat. Ob die Provokation die Notwehr einschränkt, hängt davon ab, wie sich der Täter in die Situation begibt (absichtlich, vorsätzlich, fahrlässig, schuldhaft) und welche Rechtsnatur sein Verhalten hat (rechtmäßig, neutral, rechtswidrig). Hat der Verteidiger den Angriff provoziert (wertende Betrachtung), ist er auf Schutzwehr beschränkt. Absichtliche Provokation: Bei absichtlicher Provokation [1] muss der Provozierte der Provokation widerstehen und dem Verteidiger steht das Notwehrrecht weiterhin zu oder [2] liegt ein Rechtsbruch vor, weshalb sich der Verteidiger nicht auf Notwehr berufen kann. Fahrlässige Provokation: Bei fahrlässiger Provokation [1] ist das Notwehrrecht bei Verteidigungshandlungen im Rahmen der Schutzwehr gegeben oder [2] wird diese in einer Fahrlässigkeitsprüfung der eigentlichen Handlung vorverlagert und dem Täter zugerechnet (actio illicita in causa).
objektive Zurechnung
Der Erfolg ist nur dann objektiv zurechenbar, wenn der Täter eine rechtlich missbilligte Gefahr des Erfolgseintritts geschaffen und sich diese auch tatsächlich im konkreten erfolgsverursachenden Geschehen realisiert hat.
Putativ­notwehr­exzess
Als Putativnotwehrexzess wird eine Konstellation bezeichnet, in der sich der Täter irrtümlich Umstände einer Notwehrlage vorstellt und sich entsprechend verteidigt. Dies [1] ist lediglich ein Erlaubnistatbestandsirrtum, [2] führt zur analogen Anwendung des § 33 StGB (Notwehrexzess) oder [3] führt nur zur analogen Anwendung des § 33 StGB, wenn der Verteidiger schuldlos irrt und das Opfer die alleinige Verantwortung für die Situation trägt.
quälen
Quälen ist die Verursachung erheblicher (über ein durchschnittliches Maß hinausgehender) länger andauernder oder sich wiederholender körperlicher oder seelischer Schmerzen oder Leiden.
recht­fertigende Einwilligung
Die rechtfertigende Einwilligung ist ein Rechtfertigungsgrund, der beim Einwilligenden objektiv eine Dispositionsbefugnis und den Wille zum Rechtsgutverzicht (ggf. mit Erklärung) sowie subjektiv Einsichts- und Urteilsfähigkeit und Willensmängelfreiheit erfordert. Beim Täter ist auf subjektiver Ebene [1] Kenntnis von der Einwilligung oder [2] ein Handeln aufgrund der Einwilligung erforderlich.
recht­fertigende Pflichten­kollision
Kommt es zur Kollision zweier Handlungspflichten, so ist der Garant für diejenige Pflicht, welche er nicht erfüllt, gerechtfertigt. Haben beide Handlungspflichten eine unterschiedliche Qualität (Garantenpflicht und Solidarpflicht), so [1] richtet sich die Beurteilung der Rechtswidrigkeit nach der Qualität der zu rettenden Rechtsgüter oder [2] hat die Garantenpflicht Vorrang.
recht­fertigender Notstand
Der rechtfertigende Notstand ist ein Rechtfertigungsgrund, der eine Notstandslage, eine Notstandshandlung sowie ein subjektives Rechtfertigungselement voraussetzt. Die Notstandslage liegt bei einer gegenwärtigen Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut des Täters (Notstand) oder eines Dritten (Notstandshilfe) vor. Die Notstandshandlung ist der erforderliche, verhältnismäßige und angemessene Eingriff in fremde Rechtsgüter. Verhältnismäßig ist der Eingriff, wenn das geschützte Rechtsgut dem beeinträchtigten wesentlich überwiegt. Zu berücksichtigen sind dabei: Wertigkeit der Rechtsgüter, Quantität der Verletzung, Grad der drohenden Gefahren, Art und Umfang der Gefahr Vgl. auch: Defensivnotstand, Aggressivnotstand
Rechts­widrigkeit / Recht­fertigungs­grund
Ein tatbestandsmäßiges Verhalten ist rechtswidrig, wenn keine Rechtfertigungsgründe eingreifen. Die Rechtswidrigkeit wird nach der Tatbestandsmäßigkeit geprüft. Nach überwiegender Auffassung erfordern Rechtfertigungsgründe - außer bei Fahrlässigkeitsdelikten - auch ein subjektives Rechtfertigungselement. Im Einzelnen ist strittig, ob beim subjektiven Rechtfertigungselement bloße Kenntnis oder mehr, etwa Absicht, zu fordern ist. Siehe auch: Einwilligung, Notwehr / Nothilfe, rechtfertigender Notstand / Notstandshilfe
rechtswidrig (Angriff)
Rechtswidrig ist ein Angriff, wenn der Angreifende seinerseits nicht gerechtfertigt ist, sich insofern also zumindest objektiv sorgfaltswidrig verhält.
rechtswidrig zuzueignen (Zueignungs­absicht)
Jemand handelt mit Zueignungsabsicht, wenn er eine fremde Sache absichtlich sich oder einem Dritten (zumindest vorübergehend) aneignen und den bisherigen Gewahrsamsinhaber vorsätzlich (jedenfalls mit dolus eventualis) dauernd enteignen will. Siehe auch: Zueignung Die beabsichtigte Zueignung ist rechtswidrig, wenn sie im Widerspruch zur rechtlichen Eigentumsordnung stünde.
rechtswidrige Zueignung
Zueignung ist die (zumindest vorübergehende) Einverleibung der Sache selbst oder des in ihr verkörperten Sachwertes unter Anmaßung einer eigentumsähnlichen Herrschaft in das Vermögen des Täters oder eines Dritten (Aneignung), ohne dass diese/r an den Eigentümer (Berechtigten) zurückgelangt (Enteignung). Die Zueignung ist rechtswidrig, wenn sie im Widerspruch zur rechtlichen Eigentumsordnung steht.
rohe Misshandlung
Eine rohe Misshandlung ist die Zufügung einer körperlichen Misshandlung aus gefühlloser Gesinnung.
Rücktritts­wille
Der Täter handelt mit Rücktrittswillen, wenn er die Tat [1] ganz und endgültig, [2] im Moment oder [3] in ihrer konkreten Form aufgeben bzw. verhindern will.
Schuld
Schuld ist die individuelle Vorwerfbarkeit. Sie wird nach dem Tatbestand und der Rechtswidrigkeit geprüft und umfasst die Schuldfähigkeit, das Unrechtsbewusstsein (vgl. Verbotsirrtum) und Entschuldigungsgründe. Siehe auch: Notwehrexzess, entschuldigender Notstand
Schuldfähigkeit
Die Schuldfähigkeit ist als Bestandteil der Schuld die Einsichts- und Urteilsfähigkeit im Zeitpunkt der Tathandlung. Kinder (bis 14) sind nicht schuldfähig. Jugendliche (14 - 18) sind schuldfähig, wenn sie die Fähigkeit hatten, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Erwachsene (ab 18) sind außer im Falle von § 20 StGB grundsätzlich schuldfähig (Einsichts- und Urteilsfähigkeit wird vermutet).
Schutzvorrichtung
Eine Schutzvorrichtung ist eine besondere Einrichtung, die geeignet und bestimmt ist, die Wegnahme einer Sache zu erschweren.
schwere Gesundheits­schädigung
Eine schwere Gesundheitsschädigung ist eine solche, durch die es (jedenfalls) fast zu einer schweren Folge des § 226 StGB gekommen wäre, etwa gravierende Erkrankungen von einiger Dauer sowie nachhaltige Beeinträchtigungen der Lebensqualität über einen mehrwöchigen Zeitraum.
schwere körperliche Misshandlung
Eine schwere körperliche Misshandlung ist eine solche, die das körperliche Wohlbefinden oder die Unversehrtheit unter Zufügung schwerer Schmerzen erheblich beeinträchtigt.
sich bemächtigen
Sich bemächtigen ist die Erlangung der physischen Gewalt über ein Opfer gegen dessen Willen.
Siechtum
Siechtum ist ein chronischer Krankheitszustand, der den Gesamtorganismus in Mitleidenschaft zieht und allgemeine Hinfälligkeit zur Folge hat.
sonst ein Werkzeug / Mittel
Ein Werkzeug / Mittel ist ein körperlicher Gegenstand, mit dem gegen Personen Gewalt angewendet oder angedroht werden kann. Erforderlich ist eine Gebrauchsabsicht. Es zählen auch Scheinwaffen dazu. Bei § 250 StGB jedoch nur, sofern sie waffengleich wirken, also nicht offensichtlich ungefährlich sind.
Stoff beibringen
Beibringen ist die Verbindung eines Stoffes mit dem Körper dergestalt, dass er seine gesundheitsschädigende Wirkung konkret entfalten kann.
strenge Schuld­theorie (Erlaubnis­tatbestands­irrtum)
Nach der strengen Schuldtheorie lässt der Erlaubnistatbestandsirrtum die Schuld nach § 17 StGB entfallen, wenn er sich auf Tatumstände bezieht und vermeidbar war. Der Irrtum ist vermeidbar, wenn der Täter ihm bei gehöriger Wissensanspannung nicht unterlegen wäre. Siehe auch: modifizierte Vorsatztheorie, eingeschränkte Schuldtheorie
Tat­entschluss (Versuch)
Der Tatentschluss beim Versuch erfordert einen Vorsatz mit voluntativem Element, wodurch - abhängig vom konkreten Delikt - grundsätzlich dolus directus I und dolus eventualis in Frage kommen. Bei bloßer Tatgeneigtheit liegt noch kein Tatentschluss vor. Beim Versuch eines Unterlassungsdelikts ist zu beachten, dass sich der Täter seiner Garantenstellung bewusst sein muss.
Täter hinter dem Täter
Als Täter hinter dem Täter wird die Konstellation bezeichnet, bei welcher der Vordermann einen vermeidbaren Verbotsirrtum und deshalb ebenso wie der Hintermann Täterqualität hat. Dann ist [1] mittelbare Täterschaft trotzdem möglich, [2] der Hintermann wegen des Verantwortungsprinzips lediglich Teilnehmer oder [3] mittelbare Täterschaft nur möglich bei einer Wahnvorstellung oder Rechtsblindheit des Vordermanns.
Täterschaft (Tat­herrschaft / Täterwille)
Täter ist, [1] wer die Tat als eigene will (subjektive Theorie mit Täterwillen) oder [2] wer die Tat beherrscht, sie nach seinem Willen hemmen oder ablaufen lassen kann und damit als Zentralgestalt des Geschehens bei der Verwirklichung des Tatbestands fungiert (Tatherrschaftslehre mit objektiver Tatherrschaft und subjektiven Tatherrschaftswillen). Siehe auch: mittelbare Täterschaft, Mittäterschaft
tätlicher Angriff
Ein tätlicher Angriff ist die unmittelbar auf den Körper des Betroffenen zielende Einwirkung in feindseliger Willensrichtung.
Tatsache
Eine Tatsache ist ein vergangener oder gegenwärtiger Vorgang oder Zustand der Außenwelt oder des Innenlebens, der sinnlich wahrnehmbar in Erscheinung getreten und so dem Beweis zugänglich ist. Vgl. auch: Werturteil
Tatumstands­irrtum (Tatbestands­irrtum)
Wer bei Tatbegehung einen Umstand nicht kennt, der zum objektiven Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Eine Abweichung des vorgestellten vom tatsächlichen Kausalverlauf ist grundsätzlich unbeachtlich, wenn die Abweichung sich innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren hält (unwesentlich ist). Siehe auch error in persona und aberratio ictus.
Täuschung
Eine Täuschung ist das Einwirken auf das Vorstellungsbild eines anderen, ausdrücklich, konkludent oder durch Unterlassen gebotener Aufklärung, wodurch ein Irrtum erregt oder unterhalten wird.
Teilnahme
Teilnehmer ist, [1] wer die Tat als fremde will (subjektive Theorie mit Teilnehmerwille) oder [2] wer keine Tatherrschaft hat (Tatherrschaftslehre). Siehe auch: Anstiftung, Beihilfe Teilnahme ist die Beteiligung als Anstifter oder Gehilfe an fremder Tat. Sie ist akzessorisch, setzt also eine vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat voraus. Dabei müssen jedoch nicht unbedingt alle Merkmale des Täters beim Teilnehmer erfüllt sein. Siehe: limitierte Akzessorietät
töten
Töten ist jede das Leben verkürzende Handlung, die den Tod verursacht.
Überwacher­garant (Sicherungs­pflichten)
Der Überwachergarant hat gegenüber der Welt die Pflicht, sie vor Dritten zu beschützen (Sicherungspflichten). Überwachergarant ist, wer Verkehrssicherungspflichten hat. Darüber hinaus kann jemand auch durch die Übernahme von Überwachungs- und Sicherungspflichten Überwachergarant werden, etwa durch die Beaufsichtigung Dritter. Sicherungspflichten können auch aus Ingerenz entstehen.
umschlossener Raum
Ein umschlossener Raum ist jedes durch (zumindest teilweise) künstliche Hindernisse gegen das Betreten durch Unbefugte geschützte Raumgebilde, das von Menschen betreten werden kann.
Umstiftung
Umstiftung ist eine Form der Anstiftung, bei welcher der Anstifter den Haupttäter zu einem anderen Delikt bestimmt. Sie wird wie eine gewöhnliche Anstiftung behandelt.
unbefugte Verwendung von Daten
Die Verwendung von Daten ist unbefugt, wenn [1] sie gegen den (wirklichen oder mutmaßlichen) Willen des Berechtigten verwendet werden (subjektive Auslegung), [2] sich der entgegenstehende Wille des Betreibers im Computerprogramm niedergeschlagen hat (computerspezifische Auslegung) oder [3] sie bei Einschaltung eines Menschen als Täuschung des Berechtigten über die Berechtigung zur Verwendung der Daten gesehen werden würde (betrugsnahe Auslegung).
unecht
Unecht ist eine Gedankenerklärung (Urkunde, beweiserhebliche Daten) oder technische Aufzeichnung, wenn sie von einem bestimmten Aussteller bzw. Gerät zu stammen scheint, tatsächlich aber von einem anderen erstellt wurde (Täuschung über die Identität des Ausstellers).
Unfall
Ein Unfall ist ein plötzliches Ereignis, das zu einem nicht völlig belanglosen Personen- oder Sachschaden führt.
Unglück
Ein Unglück ist ein plötzliches Ereignis, das eine erhebliche Gefahr für Personen oder Sachen hervorruft oder hervorzurufen droht.
unmittelbar ansetzen (Versuchs­beginn)
Der Täter setzt unmittelbar an (beginnt den Versuch), wenn er eine Handlung vornimmt, die nach seiner Vorstellung räumlich-zeitlich der eigentlichen Tatbestandsverwirklichung unmittelbar vorgelagert ist, also nach natürlicher Auffassung als deren Bestandteil erscheint. Auf eine objektive Gefährdung kommt es nicht an. Unterlässt der Täter trotz Handlungspflicht eine Handlung, so beginnt der Versuch [1] mit Verstreichenlassen der ersten bzw. [2] letzten Rettungsmöglichkeit oder [3] wenn nach Vorstellung des Garanten durch die Verzögerung einer Rettungshandlung eine unmittelbare Gefahr für das Handlungsobjekt entsteht oder der Täter den Kausalverlauf aus der Hand gibt.
unrichtige Gestaltung des Programms
Die Gestaltung eines Programms ist unrichtig, wenn sie [1] dem Willen des Berechtigten entgegensteht (subjektiv unrichtig) oder [2] ein dem Zweck der Datenverarbeitung entgegenstehendes, objektiv nicht zutreffendes Ergebnis erzeugt (objektiv unrichtig).
Urkunde
Eine Urkunde ist eine dauerhafte, visuell wahrnehmbar verkörperte Gedankenerklärung (Perpetuierungsfunktion), die zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt ist (Beweisfunktion) und ihren Aussteller, von dem sie geistig zu stammen scheint, erkennen lässt (Garantiefunktion).
Urkunde gebrauchen
Der Täter gebraucht eine Urkunde, wenn er sie zur Möglichkeit der Kenntnisnahme zugänglich macht.
Urkunde verfälschen
Der Täter verfälscht eine Urkunde, wenn er ihren gedanklichen Inhalt nachträglich verändert und dadurch der Anschein erweckt wird, der Aussteller habe die Erklärung in dieser (veränderten) Form abgegeben.
Verbotsirrtum / Gebotsirrtum
Wer bei Tatbegehung in Kenntnis der Tatumstände über das Verboten- oder Gebotensein seines Verhaltens unvermeidbar irrt, handelt ohne Schuld. Der Verbotsirrtum ist unvermeidbar, wenn er auch bei hinlänglicher Sorgfalt nicht hätte verhindert werden können.
verbreiten
Verbreiten meint die Weitergabe einer von einem anderen aufgestellten Behauptung.
Vermögen
Vermögen ist die [1] Gesamtheit aller geldwerten Güter einer Person (wirtschaftlicher Vermögensbegriff) oder [2] alle unter dem Schutze der Rechtsordnung stehenden wirtschaftlichen Werte (juristisch-ökonomischer Vermögensbegriff).
Vermögens­betreuungs­pflicht
Eine Vermögensbetreuungspflicht ist die besondere Pflicht zur Vermögensfürsorge, die wesensbestimmend für das tatsächlich begründete Treueverhältnis ist und sich durch ein gewisses Maß an Selbstständigkeit und wirtschaftlicher Bedeutung auszeichnet.
Vermögens­schaden / Nachteil
Ein Vermögensschaden / Nachteil ist die Verminderung des Gesamtwerts des Vermögens unmittelbar durch die Vermögensverfügung ohne Kompensation durch eine zumindest gleichwertige wirtschaftliche Position. Diese Gesamtsaldierung erfolgt auf Grundlage einer objektiv-individuellen Berechnungsmethode.
Vermögens­verfügung
Eine Vermögensverfügung ist jedes Handeln, Dulden oder Unterlassen, das eine Vermögensminderung unmittelbar (ohne weitere Zwischenschritte) herbeiführt.
verschlossenes Behältnis
Ein Behältnis ist ein Raumgebilde, das zur Verwahrung und Sicherung von Sachen dient, jedoch nicht dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden. Es ist verschlossen, wenn dessen Inhalt mittels einer technischen Schließeinrichtung oder auf andere Weise gegen den unmittelbaren ordnungswidrigen Zugriff von außen gesichert ist.
Vollendung der Tat verhindern (Rücktritt)
Der Täter verhindert die Vollendung einer Tat, wenn er [1] sich ernsthaft darum bemüht oder [2] eine mitursächliche Kausalkette in Gang setzt. Für § 24 I 2 StGB ist neben dem ernsthaften Bemühen erforderlich, dass der Täter ihm bekannte und zur Verfügung stehende Rettungsmöglichkeiten im Rahmen des Gebotenen ausschöpft. Für § 24 II 2 Var. 1 StGB hingegen ist es lediglich erforderlich, dass der Täter eine geeignete und ihm auch ausreichend erscheinende Maßnahme ergreift.
Vorsatz (vorsätzlich)
Vorsatz ist der Wille zur Verwirklichung eines Straftatbestandes (voluntatives Element) in Kenntnis aller seiner objektiven Tatumstände (kognitives Element), vgl. auch § 16 I StGB. Man unterscheidet zwischen dolus directus I, dolus directus II und dolus eventualis. Das kognitive Element (Wissenselement) erfordert bei deskriptiven (beschreibenden) Tatbestandsmerkmalen die Erfassung ihres natürlichen Sinngehalts und bei normativen Tatbestandsmerkmalen deren Verständnis bei einer Parallelwertung in der Laiensphäre. Für vorsätzliches Unterlassen muss der Täter insbesondere Kenntnis hinsichtlich der tatsächlichen Umstände seiner Garantenstellung haben. Ihm muss darüber hinaus die ihm konkret mögliche Rettungshandlung bewusst gewesen sein.
Waffe
Eine Waffe ist ein funktionstüchtiger und konkret einsetzbarer (etwa geladener) Gegenstand, der bestimmungsgemäß dazu dient, erhebliche Verletzungen herbeizuführen (Waffe im technischen Sinne).
Wahndelikt
Ein Wahndelikt ist immer straflos und liegt vor, wenn der Täter einem umgekehrten Verbotsirrtum unterliegt, er sich also strafbar wähnt, wo es keinen entsprechenden Straftatbestand gibt. So liegt auch ein Wahndelikt vor, wenn der Täter bei zutreffender Kenntnis der äußeren Umstände fälschlicherweise meint, für ihn gebe es eine Handlungspflicht.
Wegnahme
Wegnahme ist der Bruch fremden und die Begründung neuen, nicht notwendig tätereigenen Gewahrsams gegen oder ohne den Willen des Berechtigten. Das Einverständnis zur Wegnahme kann dieses objektive Tatbestandsmerkmal ausschließen.
Weichen­stellerfall / symmetrische Rettungs­chancen
Der Weichenstellerfall wird im Rahmen der Angemessenheit des rechtfertigenden Notstands diskutiert und beschreibt einen Fall symmetrischer Rettungschancen, bei dem die Überlebenschancen von Personen reduziert werden, die bisher nicht gefährdet waren, um die bis dahin Gefährdeten zu retten. Dies ist [1] nicht angemessen und damit rechtswidrig oder [2] im Rahmen eines übergesetzlichen entschuldigenden Notstands zu beurteilen.
Werturteil
Ein Werturteil ist eine subjektive Meinungsäußerung etwa in Form persönlicher Wertungen, Einschätzungen und Schlussfolgerungen, die nicht dem Beweis zugänglich ist. Vgl. auch: Tatsache
wichtiges Glied
Ein wichtiges Glied ist ein in sich abgeschlossener Körperteil mit besonderer Funktion im Gesamtorganismus, das mit dem Körper durch ein Gelenk verbunden ist und eine generelle Bedeutung für den Gesamtorganismus und das menschliche Leben hat.
Wille zum Rechtsgut­verzicht / Einwilligungs­erklärung
Der Wille zum Rechtsgutverzicht ist eine objektive Voraussetzung der rechtfertigenden Einwilligung und erfordert [1] einen innerlich gebildeten Willen des Disponierenden oder [2] eine nach außen kundgegebende Erklärung (Einwilligungserklärung).
Wohnung bei § 123
Zu einer Wohnung gehören alle Räume, die einer oder mehreren Personen zum Aufenthalt dienen oder zur Benutzung freistehen. Siehe auch: Definition bei § 244 StGB
Wohnung bei § 244
Zu einer Wohnung gehören alle Räume, deren Hauptzweck darin besteht, Menschen zur ständigen Benutzung zu dienen (ohne dass sie in erster Linie Arbeitsräume sind), und die zumindest zeitweise im Mittelpunkt des privaten Lebens stehen. Siehe auch: Definition bei § 123 StGB
zerstören
Zerstören ist die wesentliche Beschädigung einer Sache oder Vernichtung ihrer Substanz, sodass die Sache für ihren Zweck völlig unbrauchbar wird.
zu bereichern (Bereicherungs­absicht)
Jemand handelt mit Bereicherungsabsicht, wenn er sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil verschaffen will, der als Kehrseite des Schadens auf derselben Vermögensverfügung des Getäuschten beruht (sog. Stoffgleichheit). Die Bereicherungsabsicht stellt sich als überschießende Innentendenz des Tatbestandes dar. Bei §§ 263, 253 StGB: Der beabsichtigte Vermögensvorteil ist nicht rechtswidrig, wenn der Täter einen fälligen und einredefreien Anspruch auf ihn hat.
zumutbar (Unterlassen)
Die Erfüllung einer Handlungspflicht ist zumutbar, wenn auf der Opferseite mehr als nur geringfügige Rechtsgutseingriffe zu befürchten sind.
zur Befriedigung des Geschlechts­triebes
Wird die Tötungshandlung als Mittel zur geschlechtlichen Befriedigung bei oder nach dem Tötungsakt, auch bei nur bedingtem Vorsatz, vorgenommen, so handelt der Täter zur Befriedigung des Geschlechtstriebes.