Philipp Guttmann, LL. B.

Definitionen: Zivilprozessordnung (ZPO)

8 Definitionen und Erklärungen zur ZPO
aktive Prozess­führungs­befugnis
Die aktive Prozessführungsbefugnis ist die Befugnis, den Prozess als richtige Partei im eigenen Namen zu führen. Grundsätzlich ist der Inhaber eines Rechts aktiv prozessführungsbefugt. Die Prozessführungsbefugnis kann jedoch auch an einen Dritten übertragen werden, entweder gesetzlich (gesetzliche Prozessstandschaft) oder vertraglich (gewillkürte Prozessstandschaft), um ein fremdes Recht in eigenem Namen geltend zu machen. Eine gewillkürte Prozessstandschaft ist zulässig, wenn der Prozessführende vom Rechtsinhaber zu dieser Art der Prozessführung ermächtigt worden ist und er ein eigenes schutzwürdiges Interesse an ihr hat. Das schutzwürdige Eigeninteresse ist gegeben, wenn die Entscheidung Einfluss auf die eigene Rechtslage des Prozessführungsbefugten hat. Die aktive Prozessführungsbefugnis ist Voraussetzung für die Zulässigkeit einer zivilrechtlichen Klage.
örtliche Zuständigkeit
Örtlich zuständig ist im Zivilprozessrecht grundsätzlich das Gericht, in dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, sofern kein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist (§ 12 ZPO). Für natürliche Personen ist der allgemeine Gerichtsstand der Wohnsitz (§ 13 ZPO) und für juristische Personen ihr Sitz (§ 17 ZPO). Sonstige allgemeine und besondere Gerichtsstände für die örtliche Zuständigkeit ergeben sich aus den §§ 13 ff. ZPO. Unter mehreren zuständigen Gerichten hat der Kläger die Wahl (§ 35 ZPO). Liegt ein ausschließlicher Gerichtsstand vor, sind allgemeine und besondere Gerichtsstände nicht mehr örtlich zuständig. Es kann jedoch zwischen mehreren zuständigen ausschließlichen Gerichtsständen gewählt werden. Ausschließliche Gerichtsstände für die örtliche Zuständigkeit ergeben sich aus § 24 ZPO (für unbewegliche Sachen), § 29a ZPO (bei Miet- und Pachtverhältnissen), § 29c I 2 ZPO (bei Haustürgeschäften mit Verbrauchern), § 32a ZPO (bei Umweltsachen) und § 32b ZPO. Die örtliche Zuständigkeit ist Voraussetzung für die Zulässigkeit einer zivilrechtlichen Klage.
Partei­fähigkeit
Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist (§ 50 I ZPO). Natürliche Personen sind ab Vollendung der Geburt rechtsfähig (§ 1 BGB). Juristische Personen wie der rechtsfähige Verein (§ 21 BGB), die GmbH (§ 13 I GmbHG), die AG (§ 1 I 1 AktG), die OHG (§ 124 I HGB) und die KG (§§ 161 II, 124 I HGB) sind ebenfalls rechtsfähig. Auch der nicht rechtsfähige Verein kann klagen und verklagt werden, ist also parteifähig (§ 50 II ZPO). Darüber hinaus ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) in Form der Außen-GbR rechts- und damit parteifähig (BGH, Urt. v. 29.01.2001, Az.: II ZR 331/00). Die Parteifähigkeit ist Voraussetzung für die Zulässigkeit einer zivilrechtlichen Klage.
Postulations­fähigkeit / postulations­fähig
Die Postulationsfähigkeit bestimmt sich im Zivilprozessrecht nach den §§ 78, 79 ZPO und im Verwaltungsrecht nach § 67 VwGO. Grundsätzlich können die prozessfähigen Parteien den Rechtsstreit selbst führen und sind damit postulationsfähig (§ 79 I 1 ZPO, § 67 I VwGO), sofern keine Prozessvertretung geboten ist. Die Postulationsfähigkeit ist eine Voraussetzung der Zulässigkeit etwa verwaltungsrechtlicher Klagen und Anträge. Eine Prozessvertretung ist geboten:
  • im Zivilprozessrecht beim Anwaltsprozess vor den Landgerichten, Oberlandesgerichten, obersten Landgerichten, dem Bundesgerichtshof durch einen Rechtsanwalt (§ 78 I ZPO) oder bei Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt (§ 78 II ZPO) sowie im Falle des § 79 I 2 ZPO durch einen Rechtsanwalt
  • im Verwaltungsrecht in den in § 67 IV VwGO bestimmten Fällen, wie der prinzipalen Normenkontrolle, durch die in § 67 II 1 VwGO genannten Prozessbevollmächtigten (§ 67 IV 3 VwGO)
Prozess­fähigkeit / prozess­fähig
Die Prozessfähigkeit ist die Fähigkeit einer Partei, vor Gericht zu stehen und Verfahrenshandlungen vorzunehmen (§ 51 I ZPO, § 62 I VwGO). Sie bestimmt sich nach der Geschäftsfähigkeit des BGB (§ 52 ZPO, § 62 I VwGO) und ist eine Voraussetzung für die Zulässigkeit etwa verwaltungsrechtlicher Klagen und Anträge. Wer nicht voll geschäftsfähig ist, muss sich im Prozess vertreten lassen. Siehe auch: Prozessvertretung, Postulationsfähigkeit
Prozess­vertretung / prozess­vertretungs­befugt
Prozessvertretungsbefugt sind jedenfalls Rechtsanwälte (§ 79 II 1 ZPO, § 67 II 1 VwGO) und im Verwaltungsrecht zudem Rechtslehrer mit der Befähigung zum Richteramt (§ 67 II 1 VwGO). Weitere Personen, die vertretungsbefugt sind, werden im Zivilprozessrecht in § 79 II 2 ZPO und im Verwaltungsrecht in § 67 II 2 VwGO aufgeführt. In bestimmten Fällen ist eine Prozessvertretung durch bestimmte Personen für die Postulationsfähigkeit notwendig.
Rechts­hängigkeit
Die Rechtshängigkeit einer Streitsache wird durch die Erhebung der Klage (§ 261 I ZPO) oder, sofern es sich um einen Anspruch des laufenden Prozesses handelt, mit der Geltendmachung des Anspruchs in der mündlichen Verhandlung oder durch Zustellung des Schriftsatzes (§ 261 II ZPO) begründet. Ihre Wirkung wird in den §§ 261 III, 262 ZPO geregelt. Insbesondere kann die Streitsache während der Rechtshängigkeit von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden (§ 261 III Nr. 1 ZPO).
sachliche Zuständigkeit
Die sachliche Zuständigkeit im Zivilprozessrecht regelt nach § 1 ZPO das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). Demnach sind die Amtsgerichte (AG) zuständig für Streitigkeiten mit einem Streitwert bis 5000 Euro (§ 23 Nr. 1 GVG) sowie unabhängig vom Streitwert ausschließlich zuständig für Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum (§ 23 Nr. 2 a GVG), für Familiensachen (§ 23a I 1 Nr. 1 GVG) und in den sonstigen aufgeführten Fällen des § 23 Nr. 2 b GVG. Demgegenüber ist das Landgericht (LG) zuständig für Streitigkeiten mit einem Streitwert ab 5000 Euro (§ 71 I GVG). Unabhängig vom Streitwert ist es ausschließlich zuständig insbesondere für Amtshaftungsansprüche (§ 71 II Nr. 2 GVG) sowie für die sonstigen aufgeführten Fälle des § 71 II GVG. Eine nachträgliche Änderung einer bereits rechtshängigen Klage (Erhöhung oder Verringerung des Streitwerts) ändert die sachliche Zuständigkeit nicht (§ 261 III Nr. 2 ZPO). Die sachliche Zuständigkeit ist Voraussetzung für die Zulässigkeit einer zivilrechtlichen Klage.