Philipp Guttmann, LL. B.
Definitionen: § 32 StGB
7 Definitionen und Erklärungen zum § 32 StGB
- Angriff (Notwehr)
- Ein Angriff ist jede durch menschliches Verhalten (bei besonderer Rechtspflicht auch: Unterlassen) drohende Verletzung von rechtlich geschützten Gütern oder Interessen. Auch von Menschen eingesetzte Tiere zählen zu einem Angriff im Sinne der Notwehr, ansonsten gilt § 228 BGB.
- aufgedrängte Nothilfe
- Aufgedrängte Nothilfe ist eine Nothilfe zur Verteidigung eines Dritten gegen dessen Willen. Diese Verteidigung gegen den Angreifer [1] ist auch bei entgegenstehenden Willen des Angegriffenen gerechtfertigt, solange dieser nicht bereits auf den Verzicht seines Rechtsguts eingewilligt hat, oder [2] ist nur mit tatsächlicher oder mutmaßlicher Einwilligung des Angegriffenen möglich sowie zur Abwehr eines tödlichen Angriffs.
- erforderlich
- Erforderlich ist eine Handlung, wenn sie - in einer objektiven ex-ante-Betrachtung - geeignet ist und unter den zur Verfügung stehenden Mitteln das mildeste darstellt (relativ mildestes Mittel), um die Gefahr / den Angriff abzuwenden. Bei Notwehr: Das Maß der Erforderlichkeit wird durch die Intensität des Angriffs bestimmt. Geeignet ist die Verteidigungshandlung, wenn sie den Angriff in seiner konkreten Gestalt zumindest erschwert. Relativ mildestes Mittel ist dasjenige, welches unter gleich wirksamen Mittel den geringsten Schaden anrichtet. Bei rechtfertigenden Notstand: Ausweichen oder die Inanspruchnahme erreichbarer staatlicher Hilfe ist vorrangig. Es gilt den Eingriff in fremde Rechtsgüter so minimal wie möglich zu halten und vorrangig eigene Mittel zur Gefahrbeseitigung zu nutzen. Bei entschuldigenden Notstand: Die Notstandshandlung des § 35 StGB muss als ultima ratio den einzigen und letzten Ausweg aus der Notstandslage mit einer nicht ganz unwahrscheinlichen Rettungsmöglichkeit darstellen. Vorrangig ist die Inanspruchnahme der Hilfe Dritter. Jedenfalls, wenn der eigene sichere Tod droht, ist das Handeln des Täters erforderlich.
- geboten (Notwehr)
- Gebotenheit ist die Einschränkung der Notwehr. Geboten ist die Verteidigung durch Notwehr möglicherweise nicht, wenn der Verteidiger den Angriff veranlasst hat (Notwehrprovokation), der Angriff von Kindern, Geisteskranken und schuldlos Irrenden ausgeht, ein krasses Missverhältnis vorliegt oder der Angreifer dem Verteidiger nahesteht. In solchen Fällen ist der Verteidiger meist auf Schutzwehr statt Trutzwehr beschränkt. Eine nicht gebotene Notwehr ist rechtswidrig.
- gegenwärtig
- Gegenwärtig ist ein Angriff / eine Gefahr, der/die unmittelbar bevorsteht, gerade begonnen hat oder noch andauert (noch nicht beendet ist). Bei rechtfertigenden Notstand: Gegenwärtig ist die Gefahr, wenn die Weiterentwicklung eines Zustands den Eintritt oder die Intensivierung eines Schadens ernstlich befürchten lässt. Dauergefahren sind gegenwärtig, wenn sie so dringend sind, dass sie nur durch unverzügliches Handeln wirksam abgewendet werden können. Bei entschuldigenden Notstand: Gegenwärtig ist die Gefahr, wenn der Eintritt der Schädigung sicher oder höchstwahrscheinlich ist, sollten nicht rechtzeitig Abwehrmaßnahmen ergriffen werden.
- Notwehr / Nothilfe
- Die Notwehr ist ein Rechtfertigungsgrund, der eine Notwehrlage, eine Notwehrhandlung sowie ein subjektives Rechtfertigungselement voraussetzt. Eine Notwehrlage ist ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff auf die Rechtsgüter des Täters (Notwehr) oder eines Dritten (Nothilfe). Eine Notwehrhandlung ist die erforderliche und gebotene Verteidigung gegen die Rechtsgüter des Angreifers. Das subjektive Rechtfertigungselement bei der Notwehr erfordert [1] lediglich Kenntnis des Täters von der Notwehrsituation, [2] dass die Verteidigung das Hauptmotiv des Täters sein muss (Verteidigungswille) oder [3] dass das Motiv der Verteidigung nicht völlig in den Hintergrund gedrängt wird.
- rechtswidrig (Angriff)
- Rechtswidrig ist ein Angriff, wenn der Angreifende seinerseits nicht gerechtfertigt ist, sich insofern also zumindest objektiv sorgfaltswidrig verhält.