Philipp Guttmann, LL. B.

Definitionen: § 16 StGB

7 Definitionen und Erklärungen zum § 16 StGB
aberratio ictus
Aberratio ictus ist eine Abweichung zwischen anvisiertem und getroffenem Objekt (Fehlgehen des Tatverlaufes). Trifft der Täter ein Objekt, das er nicht anvisiert hatte, ist der Irrtum beachtlich, wenn das getroffene Objekt nicht rechtlich gleichwertig zum anvisierten Objekt ist. Sind die Objekte rechtlich gleichwertig, ist umstritten, ob der Irrtum [1] stets unbeachtlich, [2] unbeachtlich bei vorhersehbarer Abirrung oder [3] jedenfalls bei höchstpersönlichen Rechtsgütern beachtlich sein soll.
ein­geschränkte Schuld­theorie (Erlaubnis­tatbestands­irrtum)
Die eingeschränkte Schuldtheorie zum Erlaubnistatbestandsirrtum spaltet sich in die Vorsatzschuld verneinende und die Vorsatzunrecht verneinende Theorie. Nach der Vorsatzschuld verneinenden Theorie (auch rechtsfolgenverweisende Schuldtheorie) richtet sich die Rechtsfolge des Irrtums nach § 16 I StGB analog, wonach der Täter bei beachtlichem Irrtum zwar für sein Verhalten entschuldigt ist (keine „Vorsatzschuld“), sein Vorsatz jedoch nicht entfällt. Nach der Vorsatzunrecht verneinenden Theorie hingegen soll der Vorsatz entfallen. Siehe auch: modifizierte Vorsatztheorie, strenge Schuldtheorie
Erlaubnis­tatbestands­irrtum
Ein Erlaubnistatbestandsirrtum liegt vor, wenn sich der Täter irrtümlich Tatumstände vorstellt, deretwegen er glaubt, sein Verhalten sei gerechtfertigt/erlaubt. Die Bewertung des Erlaubnistatbestandsirrtums ist sehr umstritten und umfasst folgende Ansichten: modifizierte Vorsatztheorie, strenge Schuldtheorie, eingeschränkte Schuldtheorie
error in persona vel objecto
Error in persona vel objecto ist eine Abweichung zwischen vorgestelltem und anvisiertem/getroffenem Objekt (Verwechselung). Trifft der Täter ein anvisiertes Objekt, über dessen Identität er irrt, ist der Irrtum unbeachtlich, wenn das getroffene Objekt dem vorgestellten (erwarteten) rechtlich gleichwertig ist. Sind die Objekte nicht rechtlich gleichwertig, ist der Irrtum beachtlich.
modifizierte Vorsatz­theorie (Erlaubnis­tatbestands­irrtum)
Nach der modifizierten Vorsatztheorie lässt der Erlaubnistatbestandsirrtum den Vorsatz nach § 16 I StGB entfallen, wenn sich der Täter nicht der Sozialschädlichkeit seines Verhaltens bewusst ist. Siehe auch: strenge Schuldtheorie, eingeschränkte Schuldtheorie
strenge Schuld­theorie (Erlaubnis­tatbestands­irrtum)
Nach der strengen Schuldtheorie lässt der Erlaubnistatbestandsirrtum die Schuld nach § 17 StGB entfallen, wenn er sich auf Tatumstände bezieht und vermeidbar war. Der Irrtum ist vermeidbar, wenn der Täter ihm bei gehöriger Wissensanspannung nicht unterlegen wäre. Siehe auch: modifizierte Vorsatztheorie, eingeschränkte Schuldtheorie
Tatumstands­irrtum (Tatbestands­irrtum)
Wer bei Tatbegehung einen Umstand nicht kennt, der zum objektiven Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Eine Abweichung des vorgestellten vom tatsächlichen Kausalverlauf ist grundsätzlich unbeachtlich, wenn die Abweichung sich innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren hält (unwesentlich ist). Siehe auch error in persona und aberratio ictus.